Auf Erfolg gepolt: Nico Rosberg

Das Jubiläumsjahr des DMSB ist ein guter Anlass für Rückschau und Ausblick. Denn die vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte waren sportlich wie organisatorisch äußerst vielfältig und spannend – und viele neue Herausforderungen bedeuten, dass es genau so bleiben wird. Dieser Artikel ist ein Teil der Themenreihe „25 Jahre DMSB“. Alle Berichte auf einen Blick finden Sie unter www.dmsb.de/25-jahre-dmsb

Ein junger Mann steht auf der Terrasse des Grandhotels Hessischer Hof in Frankfurt. Schickes Hotel, edles Ambiente. Er trägt einen enganliegenden, leicht glänzenden, blauen Anzug mit modisch kurzen Beinen, die den Blick auf seine braungebrannten Knöchel oberhalb der eleganten Sneakers freigeben. Er sieht aus wie ein Topmanager eines hippen Mode-Labels. Sein Lächeln ist gewinnend, sein Auftritt makellos. Der Mann ist tatsächlich einer, der es bis ganz an die Spitze gebracht hat – nur nicht im Business-Outfit, sondern im Rennanzug. Nico Rosberg ist frisch gekürter Formel-1-Weltmeister und er bekommt an diesem Tag den DMSB-Pokal, die höchste Auszeichnung, die der deutsche Motorsport zu vergeben hat.

Das war am 8. Juni 2017, dem 20. Jahrestag der Gründung des DMSB. Im Jahr davor hatte Nico Rosberg es seinem Vater Keke, der im Jahr 1982 Formel-1-Weltmeister geworden war, gleichgetan. Mit 16 Podiumsplatzierungen in 21 Rennen hatte er seinen Teamkollegen Lewis Hamilton niedergerungen und den Titel verdient gewonnen. Es war der Höhe- und zugleich Schlusspunkt einer Motorsportkarriere, die von Kindertagen an auf Erfolg gepolt war. Mit sechs zum ersten Mal im Kart, mit elf die ersten Rennen. Mit 15 wurde er Kart-Vize-Europameister in der Formel A – hinter eben jenem Lewis Hamilton, der immer wieder seine Wege kreuzen sollte. Mit dem Briten gab es zunächst eine durchaus freundschaftliche Beziehung, die über die Jahre, in denen sich die Reihenfolge 1. Hamilton, 2. Rosberg immer mehr verfestigen sollte, aber immer weiter abkühlte.

2002 wurde Rosberg in seinem ersten kompletten Jahr im Formel-Sport Meister der BMW Formel ADAC und deklassierte im Rennstall seines Vaters mit 264:183 Punkten den zweitplatzierten Maximilian Götz. Am Ende des Jahres gab es bei Williams den ersten Formel-1-Test – im Alter von 17 Jahren! 2003 Achter in der Formel-3-Euroserie, 2004 Vierter. Zwischendurch gewann der die spanische Winterserie der Formel 3. Bei einem nicht zur F3-Euroserie zählenden Rennen, dem Bahrain-Superprix, wurde Rosberg gegen internationale Konkurrenz guter Zweiter – aber wieder einmal hinter Hamilton.

Doch das Rennen in die Formel 1 gewann der Sohn eines Finnen und einer Deutschen: 2005 wurde er GP2-Meister und löste so das Grand-Prix-Ticket ein Jahr vor dem britischen Ausnahmepiloten. 2006 startete der 20-Jährige für Williams, während Hamilton erst 2006 in die Formel 1 aufstieg und für McLaren an den Start ging. Doch typisch Überflieger: Lewis Hamilton wurde in seiner ersten Saison sensationell Vizeweltmeister und 2008 sogar Weltmeister. Damit war die Latte für Rosberg endgültig gelegt. Diesen Mann galt es in der Formel 1 zu schlagen. Als Rosberg 2010 zu Mercedes wechselte, ergab sich allerdings noch nicht die Möglichkeit dazu. Es war die Ära der Red-Bull-Dominanz (2010 bis 2013), während bei den Stuttgartern Aufbauarbeit geleistet wurde. Dazu holte das Team Formel-1-Legende Michael Schumacher aus dem Ruhestand. Die beiden harmonierten perfekt: Schumacher kümmerte sich um die richtigen Strukturen, um ein künftiges Weltmeisterteam zu schmieden, Rosberg konzentrierte sich aufs Gasgeben. Die Bilanz: Von 2010 bis 2012 hatte der „Junior” den „Senior” in Training und Rennen meist im Griff – keine schlechte Bilanz gegen den Rekordweltmeister.

Doch dann kam sein alter Gegenspieler ausgerechnet ins Mercedes-Team. 2013 holte Hamilton Gesamtrang vier, Rosberg wurde Sechster. In den Jahren 2014 und 2015 holte der Brite jeweils den WM-Titel. Doch der Deutsche gab sich nicht geschlagen, blieb seinem nun teaminternen Rivalen immer auf den Fersen. 2016 kam dann seine große Stunde. Nach ein paar harten Duellen im Laufe der Saison kam es zum Showdown beim Finale in Abu Dhabi: Nico Rosberg reichte dabei ein zweiter Platz hinter Hamilton zum langersehnten Titelgewinn. Am 27. November wurde Rosberg zum Formel-1-Weltmeister gekürt, am 2. Dezember trat er – für viele überraschend – vom Motorsport zurück. Doch Rosberg hatte alles erreicht, was er erreichen wollte: Wie sein Vater hatte er sich den wichtigsten Titel im Motorsport sichern können. Was hätte nach der Krone im Grand-Prix-Sport noch folgen sollen? Die Titelverteidigung gegen einen wieder erstarkten Dauerrivalen? Rosberg beantwortete die Frage für sich ganz konsequent: Im Motorsport hatte er alles erreicht und konzentrierte sich ab sofort auf Geschäfte – meist außerhalb des Rennsports. Wie auch der DMSB beschäftigte sich Rosberg schon früh mit Nachhaltigkeitsprojekten, daneben wurden junge Start-ups und vielversprechende Zukunftstechnologien seine Themen. Im modischen Anzug, statt im Rennoverall. Aber genauso auf Erfolg gepolt.

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