DSM: Hartkämper gewinnt seinen zweiten Titel


Fuchs gegen Hartkämper. 580 PS Allrad gegen gut 200 im GTI – das war die Konstellation bei diesem Finale der DSM. Aber halt – GTI? Hartkämper, sonst immer auf dem bildhübschen Golf I unterwegs, musste das Fahrzeug wechseln.  Das war die Ausgangslage nach acht Läufen der DSM und vor den abschließenden zwei Rennslaloms zur Deutschen Slalom-Meisterschaft 2021 in Mecklenburg-Vorpommern.  Zum Ende der kurzen und geballten Slalomsaison ging es für die Spitzenfahrer nochmals in den Nordosten der Republik.

Parchim, die Strecke der Finalläufe, war für alle neu.  Der ursprünglich 1934 erbaute Flughafen Schwerin-Parchim lockte mit gigantischen Bahnen, die die deutsche Slalom-Gemeinde zuletzt von Groß Dölln in Zeiten vor dem Solarkraftwerk kannte: Die Anlage verfügt über eine 55m breite Beton-Landebahn und einen 45m breiten Asphalt-Taxiway von je 3.000m Länge. Die Träger der  Stadtmeisterschaft Hannover mit Unterstützung befreundeter Vereine aus dem Regionalclub Hansa gingen aus dem Stand das Wagnis ein, in fast 300km Entfernung zu ihrem Heimatort das Finale der DSM zu veranstalten.  

Von den Top 20 der Tabelle traten 18 Piloten zu den beiden Rennslaloms am Vor- und Nachmittag des 30. Oktober an. Um den Titel des Deutschen Slalom-Meisters 2021 stand ein Zweikampf an. Denn zwei Fahrer, die ihre Division und Klasse bis dahin dominierten, standen im Rampenlicht: Tabellenführer Philipp Hartkämper, angereist mit sieben Divisions- und Klassensiegen auf seinem 1600ccm-Golf GTi der Klasse H13 sowie Mario Fuchs, der im Mitsubishi Evo (Klasse H15) ebenfalls sieben Divisions- und Klassensiege angesammelt hatte.

Je einmal gelang ihnen kein makelloses Ergebnis, doch das sollte bei zwei Streichresultaten eigentlich kein Problem sein. Als Favorit wurde Mario Fuchs gehandelt, der bei seinen sieben Divisionssiegen durch mehr Konkurrenz in der Klasse insgesamt 1,8 Punkte mehr erzielt hatte. Und seine direkten Gegner waren die aktuelle Spitze des deutschen Slalomsports: Zwei Wochen vor der DSM wurde bereits die DMSB-Slalom-Meisterschaft auf dem Fahrsicherheitszentrum Schlüsselfeld entschieden und die aus der H15 stammenden erfolgreichsten Piloten waren auch in Parchim am Start: Der DMSB-Meister 2021, Martin Skrzipietz, und der Neuntplatzierte der Abschlusstabelle, Felix Budzisch, teilten sich einen BMW 330is und der Vizemeister Hans-Martin Gass auf Audi waren die stärkste vorstellbare Konkurrenz für Fuchs in seiner Klasse.

Konkurrenz hätte auch Philipp Hartkämper gerne in seiner Klasse und Division gehabt, doch lediglich Christian Müller gab noch seine Nennung ab, das reichte nicht für eine Klassenwertung. So musste sich der Champino von 2017 etwas einfallen lassen – und er ging den gleichen Weg wie Marcel Hellberg 2020, der kurzerhand seinen Gruppe H-Polo erfolgreich gegen einen G3-BMW tauschte. Hartkämper wechselte von Front- auf Heckantrieb und ging als Doppelstarter auf dem 318is von Jens Völker an den Start. Da in der Division auch Top-Fahrer mit bärenstarken BMW M2, Corvette C7 und M3 CSL an den Start gehen, waren volle Divisionspunkte aber wohl kein Bestandteil einer realistischen Kalkulation und mit maximal 0,6 Klassenzusatzpunkten war die Ausgangslage für Philipp Hartkämper klar: Aus eigener Kraft war der Titel nicht zu erreichen, aber er konnte eine Menge Druck aufbauen. Ein Klassensieg in einer der beiden Veranstaltungen musste her und  würde ihm mindestens Platz zwei in der Meisterschaft bringen, denn dann läge er vor Lars Bröker (BMW M2), der mit nur theoretischen Titelchancen dritter Anwärter auf ein Treppchenplatz war. Mario Fuchs andererseits wäre mit einem Klassensieg in zwei Slaloms, unabhängig vom zweiten Resultat, der DSM-Meister 2021.

Bei der Besichtigung der Strecke kamen die beiden Protagonisten dann doch gewaltig ins Grübeln, ob ihre Entscheidung richtig war. Hans-Martin Gass fasste zusammen: „Das Auto ist immer in Bewegung und fast immer im Grenzbereich. Keine Beschleunigungsstücke für die Motorleistung, sondern ein einziges Fahrwerks-, Reifen- und Fahrerfestival!“ Tatsächlich: Mit einer H15-Durchschnittsgeschwindigkeit von 145 km/h bei stehendem Start wurde der 1. Flugplatzslalom Parchim am Ende zum schnellsten Rennslalom aller Zeiten. Selbst Tony Tute, auf einem seriennahen BMW 316i Compact der Sieger in der der leistungsschwächsten Klasse G5, erreichte noch eine Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 130 km/h.

Das waren also schlechte Nachrichten für Hartkämper, der sich nicht nur von Front- auf Heckantrieb umstellen musste, sondern auch noch an ein fremdes Auto gewöhnen musste. Doch auch Mario Fuchs hatte die Sorgenfalten auf der Stirn, denn sein 580-PS-Allrad-Evomonster verfügt sicherlich über Vorteile in der Beschleunigung, aber er weiß nur zu gut, dass „mein EVO einfach keine langen Bögen mit hoher Geschwindigkeit mag. Alleine das immer wieder ausscherende Heck im fünften Gang wieder einzufangen, macht weder Freude noch ist es schnell.“

Doch dann ging es auf die Bahn, und der Titelkampf in der DSM 2021 ging in die heiße Phase. In der zweiten Startgruppe kam Philipp Hartkämper in seinem ersten Lauf eine halbe Sekunde hinter Altmeister Dieter Meckel ins Ziel und der steigert sich im zweiten Lauf noch einmal. Auch Hartkämper verbessert sich, doch seine Gesamtfahrtzeit war eine Sekunde langsamer als Meckels. Dann die Entwarnung: Meckel hatte einen Pylonenfehler gemacht, der ihm drei Sekunden zusätzlich zur Fahrtzeit bescherten. Damit erreichte Hartkämper doch den benötigten Klassensieg. Die Division 2 entschied Lars Bröker für sich, der damit unterstrich, dass er zumindest noch um den Vizemeistertitel kämpfen wollte.

Nun richtete sich das Augenmerk auf Fuchs, der rund zwei Stunden und zwei Startgruppen später an der Reihe war. Hans-Martin Gass knallte im ersten Lauf eine 1:22,84 auf die Piste. Martin Skrzipietz fuhr im zweiten Lauf mit 1.22,52 die schnellste fehlerfreie Fahrt des Tages, ein Pylonenfehler im ersten Lauf warf ihn jedoch auf Platz drei zurück. Bei Fuchs brach die Kupplungsleitung und es fehlten nach dem ersten Lauf zwei Sekunden. Zum zweiten Lauf rollte er mit Hilfe des Anlassers zum Start, aber so war nicht an eine Verbesserung zu denken. Die erste Chance war vertan, doch es sollte ja noch ein zweiter Slalom folgen. Bis der begann, schraubte das Team Fuchs intensiv.

Nach der Mittagspause gewann Hartkämper zum zweiten Mal die Klasse G3, dieses Mal mit über drei Sekunden Vorsprung und neuen Bestzeiten – eine brillante und absolut fehlerfreie Vorstellung. Bröker profitiert wieder von Pylonenfehlern seiner Klassenkammeraden und gewann so zum zweiten Mal die Division.

Wieder der Blick auf Fuchs: Das pinke Allradmonster fuhr wieder, technisch war alles im Lot. Doch die Fahrtzeit im ersten Lauf war wieder zwei Sekunden langsamer als jene von Hans-Martin Gass. Was machen die Wettbewerber – fliegen jetzt die Pylone? Budzisch und Skrzipietz waren schnell, doch sie sammelten ordentlich Strafsekunden beim Angriff auf die Bestzeit. Gass war gerade einmal sieben Hundertstelsekunden langsamer als im ersten Lauf. Zwei Sekunden aufzuholen – eine Mission impossible.

Beide Gesamtsiege gehen an Hans-Martin Gass vor Felix Budzisch. Philipp Hartkämper bewies Nervenstärke und herausragende Fahrzeugbeherrschung auf verschiedensten Fahrzeugen und wurde nach 2017 zum zweiten Mal Deutscher Slalom-Meister.

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